Wenn das alte Grevener Rathaus von Dieter Oesterlen Schon abgerissen werden muss/soll

Liebe Grevener,

nachdem ich mir die Entwürfe für das neue Rathaus angeschaut habe, musste ich mir einige Gedanken machen – und da ich konstruktive Kritik üben möchte, habe ich sogar eine kleine schnelle Skizze angefertigt, wie so ein Rathaus aussehen könnte.So aus sicht des Grevener Bürgers. Denn wenn man das alte Rathaus schon abreißt, dann doch bitte mit einem Plan, der nicht nur teuer, sondern auch innovativ ist. Besonders schade finde ich, dass die markante Architektur des alten Plenarsaals – fast schon ein Wahrzeichen für Greven – nicht in das neue Design einfließt. Deshalb habe ich in meiner Skizze eine moderne Version davon als zentrales Element genutzt.



Einer der Punkte des Wettbewerbs war die Nähe zur Ems und zum Ems Park. Gute Idee! Aber warum nur halbe Sachen? Warum das Rathaus nicht direkt an den Ems Wall mit blick auf die Ems stellen und den Plenarsaal mit einem Balkon zur Ems hin ausrichten? So könnten nicht nur die Bürger von einer schönen Aussicht profitieren, sondern auch die Staatsangestellten, während sie in ihren wohlverdienten Pausen😊 Energie tanken. Viele Städte mit Flusslage setzen auf dieses Prinzip: Stockholm, Sydney, Düsseldorf, ja selbst unser kleines Nachbar Städtchen Ibbenbüren mit seinem Ibbgoesbeach. Doch Greven? Wir verstecken unseren Fluss lieber oder muss ihn sie Verstecken.



Natürlich gibt es viele Bürgerfeindliche Regelungen, die das Verhindern, nicht zuletzt durch den NABU und andere Vorschriften, die gefühlt immer dann greifen, wenn es um eine sinnvolle Stadtentwicklung geht. Aber zumindest ein Blick auf die Ems wäre doch ein Trost, wenn man schon Steuergelder in den Ems Park und das Rathaus steckt. Eine offene Terrasse mit einer kleinen Bar für Besucher und Angestellte würde nicht nur die Akzeptanz der Grevener fördern, sondern auch mal einen Hauch von „Lebensqualität“ in die Verwaltungsbauten bringen. Wobei, wer braucht schon schöne Ausblicke, wenn man doch genügend Aktenberge bewundern kann?


Ein weiteres Rätsel ist die gigantische Fläche dieses Baus. 12.145 Quadratmeter! Das entspricht in etwa einem Bürokomplex für 500 Verwaltungsmitarbeiter. In einer Stadt mit knapp 38.000 Einwohnern bedeutet das, dass auf 80 Bürger ein Beamter kommt. Kein schlechter Schnitt! Bundesweit sieht das Bild ähnlich aus: Rund 5,3 Millionen Menschen arbeiten im öffentlichen Dienst bei 83 Millionen Einwohnern. Also füttert 47 von uns eine Verwaltungsangestellte durch. Zum Vergleich: Die Rentnerquote ist mit 1,5 Arbeitenden pro Rentner zwar höher, aber Beamte sind bekanntlich ein besonders kostspieliges Vergnügen. Wir haben die teuersten Pensionen für Staatsangestellte der weltweit, gehen am frühesten in Rente und genießen die beste Gesundheitsversorgung. Kein Wunder, dass viele lieber im Amt als in der freien Wirtschaft arbeiten.

Doch wofür brauchen wir diese riesige Verwaltung? Um uns mit Verordnungen zu versorgen, die das Leben komplizierter statt einfacher machen. Wartezeiten auf Baugenehmigungen in Jahren? Zuständige Mitarbeiter, die immer gerade in der Pause, im Urlaub oder krank sind? Vorschriften, die Muttererde zum Sondermüll erklären? Und trotzdem schrumpft unsere Wohnungsbauquote. Komisch! wenn jede Baugenehmigung eine Doktorarbeit an Formblättern erfordert.

Schauen wir auf andere Länder: In Schweden, den USA (die es im Moment etwas übertreibt) und den Niederlanden hat man die Bürokratie bereits zurechtgestutzt. Wäre es da nicht klug, unser neues Rathaus von Anfang an flexibel zu gestalten? Falls irgendwann einmal Vernunft einkehrt und der Verwaltungsapparat schlanker wird, sollte das Gebäude für andere Zwecke nutzbar sein – für Start-ups, Wohnraum oder Kultur. Doch stattdessen planen wir einen Verwaltungsbau, der aussieht, als würden wir unsere Bürokratie für die nächsten hundert Jahre sichern wollen.

Ein Rathaus sollte ein Symbol sein: für Effizienz, für Fortschritt, für einen Staat, der seinen Bürgern dient und nicht umgekehrt. Stattdessen investieren wir Unsummen in ein Bürokratiemonument, das in 50 Jahren noch genauso starr und ineffizient sein wird wie heute. Vielleicht sollten wir statt neuer Räumlichkeiten für mehr Verwaltung lieber in Dinge investieren, die wirklich helfen – wie in bessere Bildung, Infrastruktur oder DIGITALISIERUNG, die Bürgeranliegen in Tagen statt in Monaten erledigt.

Also, liebe Grevener, wenn ihr nicht irgendwann in ein bürokratiefreies Paradies wie Lichtenstein, Kanada oder sogar Uruguay (wehr ist hier der Bananen Staat?) auswandern wollt, dann stellt euch die Frage: Brauchen wir ein weiteres Symbol für die Steuerverschwendung? Oder ein Rathaus, das wirklich für die Zukunft gebaut ist ?

Die Entscheidung sollte bei euch liegen.

Mit besten Grüßen Marc.